Leiberl, Sackerl, Sekkieren - so spricht Österreich

Überall in Österreich werden teilweise sehr ausgeprägte Dialekte gesprochen, und jede Region hat ihre eigene Mundart. Doch – wo kommen die Dialekte her?

Der österreichische Dialekt ist Kulturgut und Identitätsstifter. Seine Vielfalt überrascht selbst Einheimische.

„Durch’s Reden kommen d’Leut zam“ – so lautet ein bekannter Spruch. Nichts fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl stärker als eine gemeinsame Sprache. Die Dialekte, also die örtlich begrenzten und klar zuordenbaren Sprachstile, stiften Identität und drücken unmittelbar eine Verbundenheit zur regionalen Heimat aus. Dialekte sind oft authentischer und ausdrucksstärker, als die Schriftsprache. In der Mundart kann man Befindlichkeiten und Gefühle besser ausdrücken. Sprachwitz und Humor einer Region entstehen oft erst durch besondere Begriffe und Formulierungen, die in einer bestimmten Gegend verbreitet sind. Darum ist die regionale Sprache ein fundamentales kulturelles Gut einer Region.

Grundsätzliches

Einen Dialekt zu sprechen kann Fluch und Segen zugleich sein. Auf der einen Seite hat man mit dem Dialekt immer einen Teil seiner Heimat im Gepäck und bleibt mit seinen Wurzeln verbunden, andererseits wird der eigene Dialekt nur wenige Kilometer weiter schon nicht mehr verstanden. Dabei sind die Dialekte oft räumlich schwer einzugrenzen – so wird im Osten eines Bundeslandes oft vollkommen anders gesprochen als im Westen desselben Bundeslandes. Dennoch werden Dialekte meist Bundesländern zugeteilt. Heute gibt es ein allgemeines Verständnis dafür, was gemeint ist, wenn von „Oberösterreichisch“, „Kärntnerisch“ oder „Wienerisch“ die Rede ist.

In den meisten Gegenden Österreichs sind die unterschiedlichen Dialekte ein maßgeblicher Teil der täglichen Umgangssprache. Der Gebrauch des Dialektes weist allerdings ein tendenzielles Stadt-Land-Gefälle auf: Während er in ländlichen Regionen quer durch alle Alters- und sozialen Schichten gesprochen wird und ein fester Bestandteil der regionalen Identität ist, wird besonders in Wien und vor allem unter Kindern und Jugendlichen immer seltener Dialekt gesprochen.
 

Österreichisch-Deutsch, Deutsch-Österreichisch

Besonders in ländlichen Gegenden, aber auch in den Städten, haben Deutschsprachige aus dem Ausland oft Schwierigkeiten, den österreichischen Dialekt zu verstehen. Jedoch nicht nur sie – oftmals reicht es, von einem Gebirgstal ins nächste zu fahren oder Stadt gegen Land einzutauschen, um kaum mehr ein Wort zu verstehen. Viele Deutsche scheitern schon an einfachen Worten wie „Obers“, den sie nur als „Sahne“ kennen, oder blicken fragend, wenn sie aufgefordert werden, ein „Sackerl“ zu tragen. Dabei hat der österreichische Dialekt so viele Facetten und regionalspezifische Begriffe, dass man selbst als Einheimischer schnell den Überblick verlieren kann. Welche Wörter sollte man also unbedingt kennen? Und welchem Bundesland-Dialekt werden sie zugeordnet?

Wiener Dialekt

Der Wiener Dialekt ist sehr breit gefächert und kommt in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor – vom Burgtheaterdeutsch über das stark näselnde Schönbrunnerdeutsch bis hin zur Sprache der Fernsehfigur „Mundl“, der durch die TV-Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ einen unbestrittenen Legendenstatus in der Bundeshauptstadt innehält. Die wichtigsten Begriffe, die man auch als Nicht-Wiener kennen sollte:

  • Sekkieren – „jemandem auf die Nerven gehen“
  • Oida – „Alter“, kann faktisch alles bedeuten von „Freund“ bis zum Ausdruck allgemeiner Verwunderung oder Unzufriedenheit.
  • Hawara – „Freund, Kumpel“
  • Leiberl – „T-Shirt“
  • Tschocherl – Kneipe, kleines Lokal
  • Kapazunder – Ein besonders fähiger Mensch
  • Spompanadln – Blöde Sachen, Dummheiten
  • Eitrige – Käsekrainer, besonders beliebt an Wiener Würstelständen

Eine Besonderheit des Wienerischen ist mit Sicherheit der berühmte „Wiener Schmäh“. Damit wird die für Wien so typische derb-liebevolle Art gemeint, die charmant eine ironisch-zynische Grundhaltung ausdrückt. Denn auch wenn der Wiener oft melancholisch, sarkastisch und unzufrieden wirkt, so will er sich durch das Verschwimmen von Ernst und Humor stets eine gewisse Leichtigkeit auch in schwierigen Situationen bewahren.

Niederösterreichischer Dialekt

Die niederösterreichischen Dialekte lassen sich nach verschiedenen regionalen Eigenheiten unterteilen und unterscheiden sich teilweise sehr stark voneinander. So herrschen beispielsweise im Umfeld von Wien hochdeutsche und Wiener Einflüsse vor, während im Waldviertel noch sehr traditionelle Bauerndialekte gesprochen werden. Ein paar Perlen des niederösterreichischen Dialektes:

  • einiwendi – „innen“
  • bachlworm – „lauwarm“
  • tramhappert – „verschlafen, unkonzentriert“
  • botschad – „ungeschickt“
  • oawaschl – „Ohr“
  • fladern – „stehlen“

Oberösterreichischer Dialekt

Die Dialekte des Bundeslandes Oberösterreich sind stark bäuerlich geprägt und regional sehr unterschiedlich. Aus dieser Vielfalt ist es fast unmöglich eine exemplarische Auflistung zu machen. Dennoch, hier ein paar Beispiele des Oberösterreichischen.

  • arschlings – „rückwärts“
  • biezln – „toben, nörgeln“
  • Bunki – „Kuchen“
  • Schern – „essen“
  • Damisch – „verwirrt“
  • Gizi – „Zorn, Wut“

Kärntner Dialekt

Die Kärntner Mundart lässt sich in drei Untergruppierungen einteilen: Oberkärntnerisch, Mittelkärntnerisch, und Unterkärntnerisch. In vielen Teilen Kärntens herrschen aber auch Dialekte vor, die sich sprachlich an die angrenzenden Bundesländer angepasst haben. Beispielsweise das Katschtal und das Mölltal, wo Dialekte aus Tirol bzw. Salzburg gesprochen werden. Darüber hinaus wird zwischen einer bäuerlichen Sprache, die eher auf dem Land gesprochen wird, und einer Stadtsprache unterschieden, die teilweise in der Aussprache der Schriftsprache näher ist.

  • Diandle – „Mädchen“
  • Mankale – „Mann“
  • Murchn – „Flasche (Bier)“
  • tschindan – „zusammenstoßen“
  • vagachn – „sich irren“

Vorarlberger Dialekt

Die verschiedenen vorarlbergischen Dialekte unterscheiden sich zum Teil sehr stark voneinander. Was sie allerdings verbindet und von sämtlichen anderen österreichischen Dialekten unterscheidet, ist ihre Herkunft aus dem Alemannischen.

  • Gsi – „gewesen, war“
  • Bündt – „Wiese, Weide“
  • Ehni – „Großvater“
  • Hääs – „Kleidung“
  • Hoi – „Ausdruck des Erstaunens“
  • Schesa – „Kinderwagen“
  • Wüascht – „hässlich“

Steirischer Dialekt

Die Steiermark verfügt über eine Vielzahl an unterschiedlichen Dialekten, was sich geschichtlich und geografisch erklären lässt. Quer durch das Bundesland verläuft eine Dialektgrenze. Aus diesem Grund sind zahlreiche unterschiedliche Begriffe in den verschiedenen Bezirken in Verwendung. Heute haben sich die unterschiedlichen Mundarten aneinander relativ angeglichen, allerdings sind bei genauem Hinhören einige Spezialausdrücke erhalten geblieben. Dies gilt besonders für den ländlichen Raum, wo sich einige traditionelle Bezeichnungen bewahrt haben.

  • Alkota – „Ente“
  • douni – „weg, fort“
  • dumpa – „dämmrig“
  • Louta – „Mann“
  • notzn – „schlafen“

Burgenländischer Dialekt

Der Burgenländische Dialekt ist dem oststeirischen Dialekt sehr ähnlich.

  • Aompa – „Kanne“
  • gmui – „genug“
  • Leckwa – „Marmelade“

Tiroler Dialekt

Der Tiroler Dialekt hat geschichtlich unterschiedliche Wurzeln. Später vermischten sich die unterschiedlichen Dialekte miteinander, was jedoch blieb, waren zahlreiche Abwandlungen des Tirolerischen in unterschiedlichen Regionen.

  • Lupfn – „heben“
  • Merenda – „Jause, Zwischenmahlzeit“
  • Formas – „Frühstück“
  • Patatti – „Kartoffel“

Mundartgedichte – erzählte Geschichte

Mundartdichtung ist eine literarische Form, bei der Prosa oder Lyrik ganz bewusst in einem bestimmten Dialekt verfasst werden. Die Motive und Inhalte der Mundartdichtung waren sich damals wie heute oft ähnlich: Große Gefühle in einem ländlichen Umfeld mit eingänglichen Versen zur Erheiterung und Unterhaltung der Leser und Hörer.

Lange wurde Literatur, die in Mundart abgefasst war, als Kleinkunst schlechter gestellter Schichten belächelt. Inzwischen hat die Mundartdichtung allerdings stark an Ansehen gewonnen. Die regionale Verankerung, ländliche Idylle und ursprüngliche Volksnähe, die in Mundartgedichten oft Thema sind, werden geschätzt und gerne gelesen oder gehört. Eine sehr beliebte Form der Mundartdichtung ist der Österreichische Schlager oder Austropop, der zunehmend wieder an Popularität gewinnt und quer durch die österreichische Gesellschaft gerne gehört wird.