Der Maibaum - eine Tradition mit vielen Facetten
Das Aufstellen von Maibäumen hat in Österreich lange Tradition und bringt viele regionale Besonderheiten mit sich. Doch woher kommt der Brauch? Welche Traditionen stehen damit in Verbindung? Und was hat es eigentlich mit dem Maibaumstehlen auf sich?
Der Frühling ist rund um den Maibeginn in vollem Gange und das gehört gebührend gefeiert. Dazu gehört in Österreich – und an vielerlei anderen Orten Europas – der Maibaum. Dabei handelt es sich um hochstämmige, bis zur Spitze entastete Bäume, die verziert, und an einer zentralen Stelle in der Gemeinde platziert werden. Drum herum wird das Maibaumfest gefeiert – mit vielen Aktivitäten und Traditionen, die den ganzen Ort in ihren Bann nehmen.
Wo man in Österreich auch hinsieht im Mai, der markante Maibaum ist fast überall zu finden. Die Tradition des Maibaums ist eine der wenigen, welche flächendeckend in Österreich aufrechterhalten wird. Der Brauch ist allerdings nicht nur in Österreich verbreitet. Auch in nahezu allen Teilen Deutschlands, wie auch in den deutschsprachigen Gebieten der Schweiz findet sich in fast jeder Ortschaft einen Maibaum. In weiteren Teilen Zentraleuropas und Skandinavien gibt es ebenfalls Maibäume, oder sehr ähnliche Gegenstücke, welche rund um das Mittsommerfest, oder Pfingsten aufgestellt werden.
In Österreich wird das Aufstellen des Baums üblicherweise von einem großen Fest begleitet. Oftmals heißt dieses „Tanz in den Mai“ oder aber auch einfach „Maibaumfest“. Dabei gibt es rund um das Aufstellen des Baums neben zahlreichen Spielen und Traditionen ein Dorffest, das einem Kirtag ähnelt, mit reichlich regionalen Schmankerln sowie Bier und Wein, begleitet von Tanz und Tollerei. Die Speisen und Getränke für das Maibaumfest stellen meistens die örtlichen Wirtshäuser, Lebensmittelhändler oder lokale Produzenten bereit. Auch ADEG Kaufleute aus ganz Österreich bieten entsprechende Cateringdienste an und sorgen bei den Maibaumfesten gerne für die kulinarische Verpflegung der feiernden Gemeinde.
Der genaue Ablauf und Zeitpunkt der Feierlichkeiten zum 1. Mai sind regional verschieden. Mancherorts finden sie bereits am 30. April statt, anderswo erst am 1. Mai und in gewissen Gebieten sogar erst zu Pfingsten. Manchmal streckt sich der Ablauf des Ganzen von der Abholung des Baums über den von einem Umzug begleiteten Transport hinweg bis hin zur Aufstellung und anschließenden Spielen rund um den Maibaum. Meist wird jedoch nur die Aufrichtung des Baums zelebriert, während die Fällung des Baums, sowie die Abholung und Verzierung im Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Der Höhepunkt der Feier, das Maibaumaufstellen, bietet jedes Jahr wieder Diskussionsstoff. Traditioneller Weise wird der Maibaum per Hand aufgestellt, üblicherweise von der örtlichen Landjugend oder einem ortsansässigen Verein. Über die Jahrzehnte hinweg änderte sich die Technik beim Aufstellen ein wenig und die Verwendung einiger Hilfsmittel wie Leitern oder Seilen wurde erlaubt. Nach und nach wurden dann immer mehr technische Hilfsmittel wie Kräne, Traktoren und Seilzüge verwendet. Dies stieß jedoch bei der Bevölkerung auf Verdruss, da das Zusehen der jungen Leute (oftmals nur Männer) beim Abmühen, während sie den Baum aufstellen, als wichtige Tradition gilt und einen Hauptbestandteil der Maibaumfeste bildet. So hat man sich in vielen ländlichen Gemeinden wieder auf alte Traditionen besinnt und verzichtet gänzlich auf den Einsatz technischer Hilfsmittel. In Städten wurde die Aufstellung auf diese Art und Weise allerdings wegen erhöhter Gefahr für Passanten und Monteure verboten. Denn auch in Metropolen wie Wien oder München darf der Maibaum und die Feierlichkeiten rund um ihn nicht fehlen!
Obwohl die Unterschiede meist nur gering sind, werden die regionalen Besonderheiten der einzelnen Maibäume von den Ortsansässigen sehr ernst genommen.
So werden beispielsweise je nach Region andere Baumarten verwendet. In Österreich ist der populärste Maibaum die Birke, die als Frühlingsbaum stellvertretend für wiedererwachendes Leben und das Aufblühen der Natur steht. Besonders wichtig ist es in Österreich auch, dass die Rinde vom Maibaum entfernt wird. Dies wird auf die Funktion des Maibaums zurückgeführt, der in der Walpurgisnacht, die in in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai stattfindet, böse Geister vertreiben und Hexen abschrecken soll. Dabei sollte der Baum möglichst rein sein und den Hexen keine Möglichkeit bieten, sich unter, oder an der Rinde festzusetzen.
Die Verzierung des Baums spiegelt üblicherweise das Wappen der Stadt, oder des Bundeslandes, in dem er aufgestellt wird, farblich wider. Verzierungen variieren von Schleifen, über Krepppapier, Tannengrün und Maschen, bis hin zu eingeritzten Symbolen. Relativ einheitlich ist die sogenannte „Krone“ des Maibaums – ein Kranz der um die Spitze befestigt wird.
Auch die „Lebensdauer“ der Bäume ist von Region zu Region verschieden. In manchen Orten wird der Maibaum nur einmal verwendet und jedes Jahr neu gefällt. Anderswo ist es Tradition, dass ein Maibaum über mehrere Jahre, beziehungsweise Jahrzehnte hinweg benutzt wird.
Auch wie lange der Maibaum stehen bleibt, ist nicht überall gleich. Die verbreitetste Variante ist, den Baum am Ende des Monats abzubauen und zu versteigern oder zu verlosen. Der Gewinner nimmt den Baum jedoch selten mit nach Hause, sondern überlässt diesen der Gemeinde und gibt sich mit einem Ersatzgeschenk (meist lokale Speisen oder Getränke) zufrieden. In manchen Gemeinden ist es aber auch üblich, den Maibaum bis zum Herbst stehen zu lassen, als Zeichen für die Fruchtbarkeit und das Leben während der warmen Jahreszeiten.
Das Maibaumfest selbst ist nicht die einzige Tradition, die der Maibaum mit sich bringt. Beliebte Bräuche bei und rund um diese Veranstaltungen sind auch das Maibaumstehlen, Maibaumklettern und die Liebesmaien.
Das Maibaumstehlen ist ein Brauch, bei dem es um einen freundlichen Konkurrenzkampf benachbarter oder nahegelegener Gemeinden geht. Hierbei versucht eine Gemeinde – vertreten durch örtliche Jugendgruppen – den Maibaum einer anderen Gemeinde unbemerkt zu stehlen. Dieser Brauch unterliegt allerdings gewissen Regeln, die regional stark voneinander abweichen. So ist der Zeitpunkt, ab dem ein Baum als gestohlen gilt, je nach Region anders definiert. Mancherorts muss der Baum tatsächlich bis in den eigenen Ort gebracht und dort aufgestellt werden, in anderen Gemeinden genügt es, wenn der zu stehlende Baum bis zu einem gewissen Winkel gesenkt wurde. Auch der Zeitraum in dem ein Maibaum gestohlen werden darf variiert regional. Meist gelten jedoch die Tage und Nächte von der Vorbereitung bis zur feierlichen Aufstellung des Maibaums als potenzielle „Diebstahlphase“. Gelingt der Diebstahl eines Baums, so muss dieser von Vertretern der bestohlenen Gemeinde ausgelöst werden. Der Preis für die Rückholung des Baums wird dann zwischen den beiden Gemeinden ausverhandelt. In der Regel wird sich auf einige Kisten Bier und kulinarische Spezialitäten aus dem bestohlenen Ort geeinigt. Ein Zuschalten der Polizei, oder ähnliche Maßnahmen gelten dabei als unehrenhaft. Bei der örtlichen Polizei würde man in diesem Anliegen wohl auch auf mangelnde Hilfsbereitschaft stoßen, denn das Maibaumstehlen ist eine sehr beliebte Tradition, bei der Gemeinden untereinander freundschaftlich konkurrieren und am Ende des Tages durch den Ablösepreis auch ein gewisser kultureller Austausch zu Stande kommt. Unterm Strich haben also alle Spaß dabei und die Bewohner einer Gemeinde lernen im Idealfall auch noch ein paar Spezialitäten aus nahegelegenen Gemeinden kennen.
Sehr beliebt – insbesondere bei der örtlichen Jugend – ist das Maibaumklettern. Hier wird versucht, den Maibaum möglichst hoch hinaufzuklettern, was durch die Beschaffenheit des Baums natürlich nicht einfach ist. So gebührt dem, der es am Höchsten schafft, viel Ruhm in der Gemeinde.
Einen ganz anderen Hintergrund haben die sogenannten Liebesmaien: Hierbei handelt es sich um junge Bäume (meist Birken), die von Verehrern in der Nacht vor dem 1. Mai vor der Haustür der Angebeteten platziert werden, oftmals verziert mit Herzen oder anderem Schmuck. Am Ende des Monats wird dieser Miniatur-Maibaum dann ausgelöst und die Beschenkte bedankt sich üblicherweise mit einer Einladung zum Essen und – bestenfalls - auch mit einem Kuss. Dieser vor allem in Deutschland verbreitete Brauch ist in Österreich nur vereinzelt in Gebieten nahe der Bayrischen Grenze anzutreffen.