Wenn sich im frühling in den Wäldern das helle Grün fast explosionsartig ausbreitet, liegt das auch an den frischen Trieben von Fichten, Tannen und Kiefern. Will man die Kraft des Frühlings in ein paar Gläser Honig füllen, sollte man bei Frühlingsspaziergängen ein Papiersackerl dabeihaben, um dort und da ein paar frische Wipfel zu pflücken. Zur Unterscheidung der beiden wichtigsten heimischen Nadelbäume ist ein Merksätzchen hilfreich: Die Fichte sticht, die Tanne nicht. Das gilt allerdings zu dieser Jahreszeit nicht für ihre Wipfel selbst, sie sind noch weich und zart. Anfang Mai haben heimische Nadelbäume einen regelrechten Wachstumsschub, die grünen Spitzen schießen in nur wenigen Tagen aus den Astenden. Im Idealfall sind sie zur Zeit der Ernte nicht länger als 2 cm. Ob Kiefer, Tanne oder Fichte ist eine Frage der Verfügbarkeit – sie alle können für Hausmittel verwendet werden.
Schon seit jeher wird Maiwipfel – im alpenländischen Raum auch als Tannenwipfelsirup bezeichnet – als wirksames Hausmittel gegen Husten und Heiserkeit eingesetzt. 2-3 Löffel am Tag lindern den Hustenreiz und unterstützen den Genesungsprozess bei Atemwegserkrankungen. Die beste Wirksamkeit konnte bei im Spätfrühling gepflückten Wipfeln beobachtet werden. Kräuterexperten empfehlen, die Wipfel vormittags abzunehmen, da die Pflanze zu dieser Tageszeit besonders aktiv in die Triebe hineinarbeitet. Wichtig dabei: Unbedingt die Ernte in Abstimmung mit dem örtlichen Förster durchführen. Grundsätzlich soll nicht mehr als eine kleine Handvoll vom selben Ast gepflückt werden, damit der Baum in der Kraft bleibt und sich gleichmäßig weiterentwickeln kann. Auch von Nadelbäumen im eigenen Garten kann geerntet werden. Die grünen Wipfel enthalten ätherische Öle und Tannine, die den Abtransport von Schleim aus den Atemwegen unterstützen. Außerdem findet sich viel Vitamin C und Pro-Vitamin A in den wohlriechenden Spitzen. Die antiseptische Wirkung hilft, krankmachende Bakterien aus den Atemwegen zu verbannen. Verabreicht wird der Sirup entweder pur auf einem Löffel oder verdünnt in einer Tasse Tee. Die Inhaltsstoffe werden in eingekochtem braunen Zucker konserviert, die Konsistenz ist daher etwas flüssiger als die von Honig, die Farbe fast dunkelbraun.