Mit der Kraft von Kräutern, Wickeln & Co.
Essigpatscherl, Zwiebelwickel und Topfenpackung: Wie altbewährte Hausmittel unsere Abwehrkräfte stärken und so manche Wehwehchen schonend lindern.
Wir kennen sie von Erzählungen aus Omas Zeiten, oder wir haben sie selbst erfahren, als wir klein waren: Topfenwickel, Essigpatscherl, Thymianbrustbalsam, Zwiebelsirup oder Rettichsaft. Unsere Mütter, Großmütter und Urgroßmütter ließen oft kein Kraut ungenutzt, um bei alltäglichen Beschwerden oder ersten Anzeichen einer Erkrankung Abhilfe zu schaffen. Viele dieser einfachen Hausmittel passen wieder gut in unsere heutige Zeit, in der vermehrt natürliche Wege zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden eingeschlagen werden. Doch wie können so manche traditionelle Familienrezepte Erkältungen, Entzündungen & Co entgegenwirken?
Essigpatcherl
Warum es funktioniert:
Essig fördert die Durchblutung und hat eine fiebersenkende Wirkung. Er kurbelt außerdem das Immunsystem an und hilft, Abfallstoffe schneller abzubauen.
Wichtig: Falls die betoffene Person zittert, weil ihr kalt ist, ist dieses Rezept ungeeignet. Sie sollte einen Arzt aufsuchen.
Man nehme:
2 Tassen (500 ml) kaltes Wasser
1 Schuss Essig
1 Paar lange Wollsocken
1 oder 2 Handtücher
So geht’s:
- Die kranke Person sollte im Bett liegen. Nehmen Sie eine Schüssel, gießen Sie das kalte Wasser hinein und geben Sie einen Schuss Essig dazu.
- Die Socken in der Lösung tränken, leicht auswringen, dabei gut durchnässt lassen, und in diesem Zustand über Füße und Waden ziehen. Ein trockenes Handtuch um die Socken legen (oder je eines um jede Wade), damit das Bett nicht nass wird. Die Socken durch frisch getränkte ersetzen, wenn nach 45 Minuten die Temperatur des Erkrankten nicht gesunken ist.
- Die Socken ausziehen, wenn die Füße oder Hände der kranken Person kalt werden oder wenn sie anfängt zu frieren.
Senfpackerl
Warum es funktioniert:
Senfkörner sind desinfizierend, krampflösend und können verwendet werden, um Entzündungen, Rheumatismus und Kopfschmerzen zu behandeln.
Man nehme:
Stößel und Mörser
1 EL warmes Wasser
1 kleines Leinentuch
1 Stück Schnur
So geht’s:
- Die Senfkörner mit dem Stößel im Mörser zerreiben. Mit dem warmen Wasser vermischen, bis eine Paste entsteht.
- Die Senfpaste in der Mitte des Leinentuchs verteilen und die Ränder umklappen, um sie darin zu umschließen. Dann mit der Schnur zusammenbinden.
- Das kleine Senfpackerl gegen Wangen und Stirn pressen und nach fünf bis zehn Minuten entfernen. Es ist ratsam, zwischendurch die Reaktion der Haut zu prüfen, um Irritationen zu vermeiden.
- Nach der Behandlung das Gesicht mit warmem Wasser waschen. Dabei vorsichtig sein: Senfkörner reizen die Schleimhäute – also Acht geben, dass die Paste nicht in die Augen gelangt. (Sollte es doch passieren, keine Sorge: einfach gründlich mit reichlich klarem Wasser ausspülen.)
Röstzwiebel-Wickel
Warum es funktioniert:
Zwiebeln wirken antibakteriell, entzündungshemmend und desinfizierend. Sie sind außerdem reich an den Vitaminen A, B1, C und E, allesamt wirksame Antioxidantien.
Man nehme:
etwas Kokosöl
1–2 Zwiebeln, in Scheiben geschnitten
1 Stück Stoff, etwa geschirrtuchgroß (vorzugsweise ein natürliches Gewebe wie Baumwollmusselin)
1 Stück Stoff/Halstuch, lang genug, dass es um die kranke Person herumreicht (natürliches Gewebe nehmen)
1 längeres Handtuch oder Duschtuch
So geht’s:
- Eine kleine Menge Kokosöl in einer Pfanne erhitzen und die Zwiebeln dazugeben. Schonend braten, bis sie weich und goldbraun sind.
- Die warmen Zwiebeln aus der Pfanne nehmen und auf der oberen Hälfte des ersten Stücks Stoff verteilen. Die untere Hälfte über die Zwiebeln legen. Die Enden des Stoffs umklappen, um die Zwiebeln einzuschließen. Die Zwiebeln sollten leicht abgekühlt sein, sodass die Packung sicher auf die Brust gelegt werden kann.
- Das längere Stoffstück um den Oberkörper wickeln, um die Zwiebeln an Ort und Stelle zu halten. Dadurch wird jegliches eventuell austretende Öl aufgesaugt. Dann noch das Handtuch um den Brustkorb schlingen, um alles zu fixieren.
Nutzt’s nix, schadet’s nix
Das Gute an altbewährten Soforthelfern ist: Mit relativ kleinem Aufwand werden meist große Wirkungen erzielt – und das ohne unerwünschte Nebeneffekte. Die Mittel sind nämlich in der Regel naturbelassen und sorgen auf schonende Weise für ein besseres Befinden. Außerdem können die meisten Rezepte in wenigen Minuten selbst zusammengestellt werden. Wenn also die Nase läuft, das Kind fiebert, der Magen zwickt oder der Darm verrückt spielt, muss nicht gleich zur Pillenschachtel gegriffen werden. Auch der Gang zur Apotheke kann einem öfters einmal erspart bleiben. Denn viele Naturmittel finden sich ohnedies im Kühlschrank, im Garten oder Hinterhof. Davon sind auch Karin Berndl und Nici Hofer überzeugt. In ihrem Buch „Zwiebelwickel, Essigsocken & Co.“ haben die in London lebenden Autorinnen ihre liebsten Hausmittel aus ihrer Salzburger Heimat zusammengetragen.
Hausmittel, das betonen auch die Buchautorinnen, wollen keinesfalls den Arztbesuch ersetzen. Vielmehr sollen traditionelle Teemischungen, Wickel, Salben oder Tinkturen unsere Abwehrkräfte stärken, Krankheiten vorbeugen und das Wohlbefinden aktiv unterstützen. Gerade weil natürliche Mittel in der Regel Viren töten, entzündungshemmend, reinigend oder entkrampfend wirken, können sie dem Körper auf schonende Weise dabei helfen, sich gegen Krankheitserreger zu wehren.
Mittel zum Zweck
Was gilt denn nun eigentlich als Hausmittel? Das sind zum einen selbst zusammengestellte Tees, Sirupe, Suppen oder Säfte pflanzlichen Urspungs. Aus den Inhaltsstoffen von Heilpflanzen wurden schließlich immer schon Arzneien gewonnen, die sich bei bestimmten Übeln bewährt haben. Zum anderen geht es um äußere Anwendungen wie Bäder, Wickel, Salben, Balsame oder Packungen, die auf sanfte Weise dem Schmerz entgegenwirken. Ob auf Waden, Hals oder Brust: Der oft bewährte Wickel etwa soll die Durchblutung ganz bestimmter Körperzonen fördern und dabei helfen, Giftstoffe abzuleiten.
Reicher Erfahrungsschatz
Ein Blick in vergangene Zeiten sagt: Pflanzen und Wurzeln waren oft alles, was es an Heilmitteln gab. Erste Belege über die Anwendung von Heilpfanzen stammen übrigens aus Babylonien. Auf 5.000 Jahre alten Tontafeln ist etwa bereits die schleimlösende Wirkung von Thymian beschrieben. Die Griechen, Ägypter und Römer entwickelten die Pflanzenheilkunde weiter, und nach dem Zerfall des Römischen Reiches waren es vorwiegend Klostermönche, die das antike Wissen katalogisierten.
Unumstritten ist beispielweise die atemwegsbefreiende Wirkung von Thymian. Baldrian hilft bei nervöser Unruhe. Eine Gurgellösung aus Salbei und Spitzwegerich vertreibt Halsschmerzen. Zwiebeln haben zweifels ohne eine antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung. Kamillenblüten wirken krampflösend. Und Knoblauch ist quasi ein natürliches Antibiotikum, antiviral und immunstärkend.